Auf einen Kaffee mit Siliva Cabello

Silvia Cabello ist die Leiterin des Varietés et cetera in Bochum.

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Hallo Silvia, Ursprünglich bist Du eine Berlinerin. Du hast vor über 27 Jahren mit Deinem Mann das Et cetera gegründet. Wie kam das?

Ich bin eher durch Zufall zum Zirkus gekommen, und diese fremde Welt hat mich dann schnell in den Bann gezogen. 1988 habe ich meinen Mann und die anderen et cetera Gründer bei Roncalli kennen gelernt. Wir haben 1991 ein Zirkuszelt und ein paar Wagen nach altem DDR Standard gekauft, die wir restauriert haben. Nach Einhaltung aller Bestimmungen und Normen haben wir dann 1992 Premiere in Travemünde gefeiert.

Wir sind lange mit dem alten DDR Fuhrpark, wie u.a. ein LKW W50, getourt – bis alles auseinandergefallen ist (lacht). Mein Mann hatte mit einem unserer Partner den technischen Bereich übernommen.

 Jetzt bist Du vor allem für die PR, Öffentlichkeitsarbeit und das Casting der Künstler verantwortlich. Wer organisiert das nächste Casting?

Ja, ich bin für das Casting mitverantwortlich, wobei meine Tochter in der Zwischenzeit die Organisation übernimmt. Wir haben drei Shows im Jahr, die eben auch gut besetzt sein wollen. Die terminliche Koordination ist da nicht so einfach. Es gibt ein „Vor -Casting“ und wir schauen zusammen mit dem Regisseur über die Vorschläge und die Ideen zur Show. Zusammen mit dem Moderator wird die Show dann entwickelt. Gern auch via Skype und per Mail. In der Planung werden die zusätzlichen Skills schon geklärt. Wenn die Künstler hier ankommen, sind sie meist schon vorbereitet.

Wenn man eine Show einplant, die schon in abgewandelter Form eingespielt ist wie z.B. „Haste Töne“ von und mit Sammy Tavalis, dann fallen die Proben natürlich ein wenig stressfreier aus.

Feststehende Castingtermine haben wir nicht. Wir fahren gern auf Festivals und schauen uns die Künstler live an. Wie z.B. in Basel – Young Stage Circus Festival, Leipzig - Newcomershow, früher nach Sylt – gibt es leider nicht mehr, Cirque de Demain (sehr Varieté tauglich), Monte Carlo (mit tollen Nummern, ist eher ein Branchentreffen mit Networking).

Auch in Spanien gibt es sehr interessante Festivals mit vielen neuen Acts; oder wir schauen uns auch in anderen Häusern gern Shows an.  Die Acts auf einer fertigen Bühne zu sehen, ist schon eine Erleichterung in der Auswahl.

 Ich habe hier schon einige, tolle Shows gesehen. Gibt es Erfahrungen mit Künstlern oder Regisseuren, die Du gern wiederholen möchtest?

Wir arbeiten gern und seit acht Jahren mit Sammy Tavalis als Regisseur zusammen.

Manchmal dauert es tatsächlich vier oder fünf Jahre bis ein Künstler dann engagiert werden kann.

Da gibt es Lebensphasen bei Künstlern wie die Elternschaft, finanziellen Vorstellungen oder gesundheitliche Gründe, die die Zusammenarbeit verzögern.

Schon immer haben wir Mut gehabt, mit jungen Artisten zu arbeiten. Natürlich gern Artisten von der staatlichen Artistenschule. Da sind schon enge Freundschaften entstanden. Wir unterstützen auch seit fast zwanzig Jahren den Kinderzirkus in Bochum. Ich bin in diesem gemeinnützigen Verein auch Mitglied und die Verbindung ist sehr eng. Einmal im Jahr machen wir mit den Kindern eine kleine Tournee. In diesem Jahr haben wir das erste Mal ein Diabolo Duo, welches gerade erfolgreich die Artistenschule absolviert, aus dem Kinderzirkus „Ratz Fatz“ engagiert. In diesem Winter haben wir die beiden in der Show.

 Ihr seid kein subventioniertes Theater. Was beeinflusst Eure Preise?

Ja das stimmt, wir erhalten keine finanziellen Mittel. Allerdings stehen wir mit einem Kooperationsvertrag auf dem Gelände der Bogestra (Die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG) – das ist ein großes Glück.

Wir haben ungefähr 20 Festangestellte und einige Aushilfskräfte. Viele Faktoren wie die Energie- und Lebensmittelkosten sind gestiegen. Die Auslastung liegt selten bei 100%. Da ist die Kalkulation schon schwieriger geworden. Unter dem Strich muss genug für die Gagen, Kosten und Gehälter übrig bleiben.

Im Herbst erhöhen wir nach vielen Jahren etwas die Eintrittspreise. Wir bieten drei Eintrittskategorien und Ermäßigungen an, damit Senioren und Studenten auch den Eintritt stemmen können. So versuchen wir es für alle interessant zu gestalten.

 Hast Du schon Personal ausgebildet oder Praktikanten beschäftigt?

Wir haben oft Praktikanten in allen Bereichen. Ausgebildet haben wir mehrfach zum Koch/ Köchin und zum/zur Veranstaltungskaufmann/-frau, ganz am Anfang auch zum Veranstaltungstechniker/-in.

Zurzeit bilden wir nicht aus.

 Im Umkreis von Bochum gibt es weitere feste Häuser. Ist es schwer sich am Markt zu halten, oder ist es eher eine Symbiose?

Das GOP Essen ist schon sehr nah an uns dran. Auf engen Raum sind das zwei Häuser, die in einem ähnlichen Bereich arbeiten. Das ist zwar schwierig, aber ein Konkurrenzdenken haben wir da nicht entwickelt. Es gibt auch Kooperationen und die Verbindung ist freundschaftlich.

Ein Varietégast geht in der Regel einmal im Jahr in eine Show. Die wenigsten Gäste schauen sich alle Shows im Umkreis an, gehen aber gerne nach und nach in die unterschiedlichen Varietés. Die Rockabilly Show lief im GOP in ganz Deutschland und als Kooperation sogar bei uns im Haus.

 Hast Du einen Wunsch an Künstlerinnen und Künstler?

Zu 90% buchen wir die Artisten in eigener Regie. Wir buchen ab und zu ein paar wenige Artisten über die Agentur Valentin Krieger, der uns tolle, im Ausland lebende Künstler anbietet. Da bleiben dann negative Überraschungen aus (lacht).

Die Haltung und Art der Ausbildung prägen die Artisten auch beruflich. Bei einer Konzeptshow muss das Cast auch teilweise deutschen Text beherrschen und ein gewisses schauspielerisches Talent haben. Heutzutage sind besondere Skills erforderlich. Da reicht keine Verbeugung am Schluss der Nummer. Man kitzelt aber auch oft vieles während der Probe aus den Künstlern heraus – es ist toll, was alles zu Tage tritt. So ist auch die Frau Schmidt (Figur von den Farellos) in unseren Proben 1995 entstanden.

Live ansehen ist eben immer besser, als nur ein Video anzuschauen!

 Empfindest Du die Unterhaltungskunst durch die Politik unterstützt?

Finanziell leider nicht, Fördergelder gibt es nicht. Die Begründung liegt hierfür jedes Mal im Kommerziellen. Bochum ist uns aus politischer Sicht gut gesonnen. Manchmal bin ich traurig darüber, dass wir in Stadtführern nicht erwähnt werden, eher die sogenannte Hochkultur. Wahrscheinlich ist es Sache des Images.

Im Januar jeden Jahres findet hier allerdings die Sportlerehrung der Stadt Bochum statt. Daher und durch andere Events kennen uns die im Umfeld ansässigen Politiker.

 Wie und wo bewirbst Du die Shows?

Wir werben ganz klassisch in Monatsmagazinen, Tages- und Wochenzeitungen, Radio, Memo Media und Fachmedien, Online versuchen wir immer mehr zu machen, viel lokale Werbung über Ladenhänger, Plakate auf Litfaßsäulen, Flyer, Auslageflächen bei Betrieben.

 Hast Du Hobbies?

Ich tanze immer noch Flamenco und trainiere auch regelmäßig (lacht).

Auch der Kinderzirkus liegt mir privat am Herzen.

Varieté et cetera in Bochum