Pop-Up-Konzerte gegen Corona-Blues

Kreativ in der Krise: Die Happy Bavarians

Mit jährlich rund 200 Auftritten sind die Happy Bavarians seit über 40 Jahren auf Bühnen im In- und Ausland zuhause. Die Bayerische Band steht für Tradition mit Schuhplatteln, Goaßlschnalzn, Alphornklängen und sogar einer Kuhglockenshow. Auch mit internationaler Tanz- und Partymusik war die Band bisher gut gebucht. Doch jetzt hat die Corona-Krise das Leben der Musikerfamilie um Bandleader Jo Komeyer stark verändert. Wir sprachen mit dem Bandleader.

Happy-Bavarians-Pop-Up-Konzerte Corona-korrektes Pop-Up-Konzert mit Franz und Simon Komeyer an den Alphörnern

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Jo Komeyer: „85% unserer Verträge wurden storniert. Und das hat ein Ausmaß angenommen, das wir so nicht erwartet hatten,“ sagt Komeyer. Im Februar habe es angefangen. Viele Veranstaltungen wurden verschoben. Und von März bis November seien inzwischen leider sämtliche Veranstaltungen abgesagt worden.

Ob Oktoberfeste, auf denen die Band häufig auftritt, in diesem Jahr überhaupt noch stattfinden könnten, sei nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland ungewiss. Komeyer rechnet jedenfalls nicht mehr damit.

„Dinge, die wir nicht verändern können, müssen wir hinnehmen“, meint der Bandleader und nutzt die frei gewordene Zeit so gut es geht, beispielsweise für Repertoire-Recherchen und das Ausarbeiten neuer Arrangements. Er versucht, auch in der Krise den Blick für das Positive zu bewahren: „Gefühlsmäßig wurde die Uhr der Welt angehalten und einem dafür sowohl beruflich als auch privat die Chance gegeben, sich Dingen zu widmen, für die man sonst keine Zeit hat.“

Haben Sie Soforthilfe oder Grundsicherung beantragt? Wie waren Ihre Erfahrungen?

„Ja wir haben Soforthilfe für die Betriebskosten und auch Grundsicherung für einige unserer Musiker beantragt. Das war zum Teil sehr problematisch, langwierig und leider auch nicht immer nachvollziehbar“, so Komeyer. Es habe bei den Soforthilfeanträgen sehr verständnisvolle Sachbearbeiter gegeben, die bei Unklarheiten auch nachgefragt hätten, in anderen Fällen gab es auch Absagen ohne die Chance einer Klärung. Schwierig finde er, dass Künstler, die Soforthilfe für die Betriebskosten in Höhe von 3.000 Euro oder mehr erhalten haben, keine Soforthilfe für ihre Lebenshaltungskosten mehr beantragen können.

„Ich halte finanziell noch ein paar Wochen durch, wenn wir nicht auftreten dürfen. Aber für die junge Künstler-Generation wie meine Söhne, die in ihrer musikalischen Laufbahn noch keine Rücklagen bilden konnten, ist die Situation sehr herausfordernd“, weiß Komeyer.

Der Schritt, Grundsicherung zu beantragen, stelle eine große Hürde für einen Künstler dar. „Man ist ja unverschuldet in diese Zwangslage gekommen, weil man seinen Beruf als Künstler nicht mehr ausüben darf“, gibt Komeyer zu bedenken. „Der vereinfachte Antrag auf Grundsicherung hat sich einfacher angehört, als er tatsächlich ist.“ Bisher habe es aber gut funktioniert und sie seien sehr froh, in einem Land zu leben, im dem der Staat auch die freischaffenden Künstler unterstützt“, meint Komeyer dankbar.

Haben Sie eine Möglichkeit gefunden, trotz der Krise im Geschäft zu bleiben?

 „Wir mussten uns in der Krise etwas einfallen lassen, was in Corona-Zeiten möglich ist. Und wenn die Kunden nicht zu uns kommen können, dann gehen wir zu ihnen.“

Franz-Simon-Komeyer-Happy-Bavarians Franz und Simon Komeyer

Komeyers Söhne Franz und Simon hatten die zündende kreative Idee: Corona-Spezial-Pop-Up-Konzerte! Begonnen hat das Ganze mit einem 15- minütigen Konzert mit zwei Alphörnern vor dem Haus, im Garten oder einer Einfahrt als Überraschung zum Geburtstag, zum Hochzeitstag oder einem Jubiläum, erzählt Komeyer. Natürlich alles mit Erlaubnis der zuständigen Behörden. Hauptberuflich sei das erlaubt und sorge für einen tollen Überraschungseffekt.

Immerhin 40 Buchungen sind bisher von Privatpersonen und Firmen bei der Band eingegangen. Und inzwischen haben die Happy Bavarians das Angebot sogar noch ausgeweitet. Es kann nun auch noch ein Akkordeonspieler dazu gebucht werden mit einer Showeinlage von Schuhplattln, Goaßlschnalzn oder Löffeln.

„Das ist mal eine ganz andere Art Geschenk, die den Menschen unheimlich viel Freude macht. Manche haben sogar Tränen in den Augen, so gerührt sind sie. Das ist für uns natürlich auch ein sehr besonderes emotionales Erlebnis“, schildert Komeyer die Auftritte. Leben könnten sie natürlich nicht davon, aber es sei immerhin eine Möglichkeit, wieder aufzutreten.

Wie blicken Sie in die Zukunft?

„Kleinere Veranstaltungen wie Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen können inzwischen ja wieder stattfinden und werden kurzfristig auch gebucht“, freut sich Komeyer. Was aber die Großveranstaltungen angehe, sei er der Meinung, dass man erst wieder zur Normalität zurückkehren könne, wenn es einen Impfstoff oder Medikamente gebe. Alles andere findet er unverantwortlich. „Man darf die Gefährlichkeit dieses Virus‘ nicht unterschätzen“, so Komeyer.

Jede Krise hat auch eine Chance. Wo sehen Sie die Chance?

„Die Chance sehe ich in einer erhöhten Nachfrage, wenn die Menschen wieder Sehnsucht nach Entertainment und Kunst haben und die Firmen sich wieder mit Veranstaltungen bei ihren Mitarbeitern bedanken wollen“, schätzt Komeyer die Lage ein. Er hofft, dass zukünftig wieder vermehrt traditionelle Feste stattfinden und dass gutes Entertainment, Kunst und Kultur einen höheren Stellenwert bekommen.

Was verändert sich?

„Die Marktsituation wird eine andere – mehr kleinere Veranstaltungen und weniger Künstler in der Summe. Inzwischen haben schon einige Formationen aufgegeben“, weiß Komeyer. Daher seien die Happy Bavarians schon mehrfach angesprochen worden, ob sie Aufträge anderer Bands übernehmen könnten. Auch Agenturen kämen vermehrt auf ihn zu und seien an einer intensiveren Zusammenarbeit interessiert. „Da sind Professionalität und Zuverlässigkeit jetzt ganz wichtige Gesichtspunkte“, berichtet er und damit hätten sich die Happy Bavarians eben immer ausgezeichnet. Mit Kreativität und Qualität durch die Krise.

Bilder: Happy Bavarians, privat