Wir über uns

Wir berichten immer mal wieder aus dem Maschinenraum der ZAV-Künstlervermittlung.

Heute: Warum besucht die ZAV-Künstlervermittlung eigentlich Film-Festivals?

44. Max Ophüls Festival

Festivals sind öffentliche Räume der Kultur in ihrer Vielfalt und als Orte programmatischer neuer Ereignisse und interaktiver Begegnungsangebote echte Publikumsmagnete.
Es gibt in Deutschland jährlich unzählige Festivals, über die wir in Zukunft immer mal wieder berichten werden. Besonders die Filmfestivals - von der Berlinale mit ihrer Weltöffentlichkeit über die großen Festivals in Hamburg, Köln und München bis zum ganz kleinen, lokalen Festival-Hotspot für gesellschaftliche oder cineastische Minderheiten - Film-Festivals sind immer ein ganz besonderes Event mit besonderem (Mehr)-Wert.
Die ZAV-Künstlervermittlung besucht sie regelmäßig, um am Puls der Entwicklung der Filmbranche zu fühlen und den Horizont auf Filmemacher*innen zu erweitern, Kontakte zu knüpfen und in Gesprächen mit Akteur*innen und bei Panelveranstaltungen dazu zu lernen.

In diesem Beitrag widmen wir uns einem besonderen Festival, denn den jährlichen Auftakt der deutschen Top-10-Filmfestivals macht das im Januar stattfindende Max Ophüls Festival als das wichtigste für den deutschsprachigen Nachwuchsfilm.
Bei dessen 44. Ausgabe war die ZAV-Künstlervermittlung dieses Jahr wieder vor Ort in Saarbrücken und hat einen Besucher*innenansturm erlebt, der die Kinosäle meist gänzlich füllte.
In den für den Wettbewerb relevanten Sektionen Spielfilm, Mittellanger Film, Kurzfilm und Dokumentation war eine beeindruckende Dichte an darstellerischer und erzählerischer Qualität und eine Breite an intelligenten Filmsprachen und künstlerischen Handschriften zu erleben. Filmische Highlights gab es in den gezeigten Spielfilmen durch die Reihe. Der mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnete Lukas Nathrath hat bei Letzter Abend seinem Schauspieler-Ensemble in Zeit-Raum-Einheit ein derart authentisches Abendgesellschafts-Drehbuch während der Coronazeit auf den Tisch gelegt und ihm so viel darstellerischen Freiraum gegeben, dass ein stetig sich entwickelnder Ausdrucksexzess auf der Kippe stehender und mit den eigenen Lebenslügen redender und um sie herum tanzender Existenzen das Publikum in Bann gezogen und die Jury durch zudem meisterhaften Schnitt überzeugt hat. Den Publikumspreis hat David Wagner für seinen Film Eismayer bekommen, ein Biopic eines Leutnants beim österreichischen Militär, der alles und jeden heruntermacht, sehr zielgenau Schwule, bis er erkennen muss, dass seine einzige Möglichkeit Glück zu erleben (und überhaupt zu überleben) darin besteht, seine Liebe zu einem Mann anzuerkennen und sich in einer sehr schwierigen männlichen Militärs-Öffentlichkeit zu bekennen. Am Ende war das fast emotionalstes Hollywood-Kino, aber zu entblößend ehrlich, um nicht starker junger deutscher Film zu sein. Die weiteren Preisvergaben waren verdient und es waren viele Filme zu sehen, die dicht dahinter lagen und die das Publikum gefeiert und vielleicht auf dem Podium der Preise gesehen hat. – Weiteren Diskussionsstoff boten Rahmenveranstaltungen zu aktuellen Branchenthemen wie u.a. diverses Erzählen (und Besetzen) oder junges Produzieren. Mit den zumeist prekären Produktionsbedingungen des Nachwuchsfilms beschäftigte sich ausführlich das Panel Perspektiven der Talentförderung. Dort stellten Vertreter*innen des Kuratoriums junger deutscher Film, des Produzentenverbandes e.V. und der Max-Ophüls-Festivalleitung ein jüngst geschaffenes 1. Forum Talentfilm Deutschland vor, das die Notwendigkeit einer Reformierung der Talentförderung zunächst zum Workshop-Programm gemacht hat und perspektivisch als dialogisches Netzwerk zwischen Branchen-Stakeholdern und Talenten fungieren soll und konkrete Veränderungen bewirken will.
Besondere Brisanz bekam die Diskussion dadurch, dass seit 2021 zum ersten Mal eine vom Produzentenverband e.V in Auftrag gegebene Studie vorliegt, die eine bewertbare Datenbasis geliefert hat, welche die Mängel und fehlende Nachhaltigkeit der Talentförderung in Deutschland aufzeigt. Beispielsweise gibt es einen eklatanten Gender-Gap bei der Mittelvergabe an junge Produktionen, Nachwuchsfirmen und -teams werden gegenüber etablierten benachteiligt und bei Streamingdiensten existiert Nachwuchsförderung bislang noch gar nicht. Insgesamt, das wurde offenkundig, fließt aus den deutschen Filmförderungen zu wenig Geld in den Nachwuchsfilm, der in der Kinolandschaft sein Publikum findet, im Fernsehen aber meist erst Richtung Mitternacht stattfindet oder später, wenn überhaupt. Eine klare Verbesserung der Rahmenbedingungen für die jungen Filmschaffenden wird von der Novellierung des Filmförderungsgesetzes auf Bundesebene erhofft und erwartet. Diese wurde zuletzt leider wieder ausgesetzt und verschoben.

  • Die Preisträger des 44. Max Ophüls Festivals und Informationen zu allen gezeigten Filmen finden Sie auf der Seite des Festivals im Netz.
  • Die von der Produzentenallianz e.V. in Auftrag gegebene Nachwuchsstudie 2021 ist downloadbar über: Nachwuchsstudie
  • Wer sich für das „1. Forum Talentfilm Deutschland“ interessiert, findet hier Informationen und kann Kontakt aufnehmen: Forum-Talentfilm